07. Aug 2020
Gerinnungsfaktoren sind die Proteinbestandteile des Blutes, die der Blutgerinnung dienen. Es gibt verschiedene Gerinnungsfaktoren, die unterschiedliche Funktionen haben. Benannt werden sie mit römischen Ziffern (Faktor I bis Faktor XIII) und alternativen medizinischen Bezeichnungen. Bis auf den Faktor IV handelt es sich bei allen Gerinnungsfaktoren um Eiweiße (Proteine).
Jeder Gerinnungsfaktor hat seine eigene Aufgabe im Rahmen der Blutgerinnung (auch Hämostase genannt). Durch ein perfektes Zusammenspiel der Gerinnungsfaktoren können Blutungen schnell und dauerhaft gestillt werden. Am Ende verbinden sich das Fibrin (Gerinnungsfaktor Ia, der wie ein „Klebstoff“ wirkt) und die Blutplättchen (Thrombozyten) zu einem stabilen Wundverschluss.
Die Gerinnungsfaktoren sind in unserem Blut normalerweise in einem inaktiven Zustand. Sie werden erst dann aktiviert, wenn wir sie benötigen. Wäre dies nicht der Fall (wären die Gerinnungsfaktoren dauerhaft aktiviert), käme es zu unerwünschten Gerinnselbildungen.
Durch eine Blutung wird im Normalfall der Gerinnungsprozess ausgelöst. Diese kann beispielsweise durch eine äußere Verletzung wie eine Schnittwunde oder durch eine innere Verletzung an Organen (z.B. bei einem Unfall) auftreten.
Die Blutgerinnung läuft in einem komplexen System ab, das man auch als Gerinnungskaskade bezeichnet. Die Aktivierung der Gerinnungsfaktoren erfolgt in einer Kettenreaktion.
Tritt eine Blutung auf, werden im Organismus zwei Systeme gestartet, um diese schnell und dauerhaft zu stoppen. Diese Systeme werden als primäre und sekundäre Hämostase bezeichnet.
Für die primäre Hämostase (auch Blutstillungsphase genannt) sind vor allem der Von-Willebrand-Faktor (VWF) und die Blutplättchen (Thrombozyten) wichtig. Ausgelöst durch die Blutung wird zusätzlich zum im Blut befindlichen VWF weiterer aus den Zellen der Gefäßwand freigesetzt. Der Von-Willebrand-Faktor haftet an verletzte Stellen an. Da er auch Blutplättchen binden kann, sorgt er dafür, dass die Blutplättchen aus dem Blutstrom zur Verletzung finden. Haften die ersten Blutplättchen an, können weitere Blutplättchen andocken, es entsteht schnell ein erster Pfropf, der die Wunde verschließt.
In der sekundären Hämostase sorgen viele weitere Gerinnungsfaktoren für den dauerhaft stabilen Verschluss der Wunde. In einer Kettenreaktion werden sie nacheinander aktiviert. Es entsteht ein stabiler Schorf aus Proteinen, Blutzellen und Fibrinfäden. Dadurch, dass die Aktivierung der Gerinnungsfaktoren in der Gerinnungskaskade jeweils genau zum richtigen Zeitpunkt und an der exakt richtigen Stelle erfolgt, werden unerwünschte und gefährliche Gefäßverschlüsse an anderen Stellen des Körpers vermieden.
Die Gerinnungsfaktoren sind mit römischen Ziffern benannt (z.B. Faktor VIII, kurz F VIII). Für jeden Faktor gibt es darüber hinaus eine oder mehrere alternative Bezeichnungen. Das kleine „a“ hinter der römischen Ziffer steht für „aktiviert“.
Wenn ein bestimmter Gerinnungsfaktor fehlt oder nur
unzureichend im Körper vorhanden ist, kommt es zu einem Gerinnungsfaktormangel.
Die Blutgerinnung funktioniert dann nicht reibungslos, die Blutungsneigung ist
erhöht. Zu dieser Gruppe von Erkrankungen gehört die Hämophilie (betrifft
Faktor VIII bei Hämophilie A und Faktor IX bei Hämophilie B. Beispiele für
andere Gerinnungsstörungen sind das Von-Willebrand-Syndrom (betrifft VWF) oder
die Stuart-Prower-Krankheit (betrifft Faktor X).