16. Jul 2021
Die Freizeit aktiv zu gestalten, ist in jeder Lebensphase gut. Bewegung hält uns fit und trägt dazu bei, dass die Lebensqualität steigt. Zudem sind Fitness und gute Beweglichkeit eine hervorragende Sturzprophylaxe. Doch was, wenn ich von Hämophilie betroffen bin?
Muss ich dann – insbesondere im höheren Lebensalter – besondere Dinge beachten? Wir haben einige Tipps und Informationen für Sie zusammengestellt.
Einer der wichtigsten Aspekte für ältere Menschen mit Hämophilie ist der gute Umgang mit den Gelenken. Menschen, die heute älter als 55 Jahre alt sind, haben in der Zeit nach der Diagnose oft noch ganz andere Empfehlungen zum Thema Bewegung erhalten, als sie heute ausgesprochen werden. Man empfahl häufig, sich eher zu schonen und auf Sport zu verzichten. Die Therapie fokussierte sich vor allem auf die Behandlung von Blutungen.
Heute wissen wir mehr – beispielsweise, wie wichtig eine starke Muskulatur ist, um eine hohe Lebensqualität mit der Hämophilie zu erreichen und zu behalten. Aufgrund dieser Zusammenhänge haben viele Betroffene, die heute älter als 55 sind, schon viele Blutungen an ihren Gelenken erlebt. Häufig sind auch bleibende Schäden entstanden.
Gerade dann, wenn die Gelenkschäden fortgeschritten sind und/oder Arthrosen vorliegen, können Gelenke zunehmend versteifen. Um dennoch beweglich zu bleiben, helfen gezielte, schonende Bewegungsprogramme. Die Behandler/innen im Hämophiliezentrum sind dann die zentralen Ansprechpartner, eventuell zusammen mit Physiotherapeuten und Trainer/innen mit Hämophilie-Expertise.
Wichtig ist es, individuell passende Sportarten auszuwählen. Diese sollten möglichst gelenkschonend sein, wie beispielsweise das Schwimmen oder Radfahren. Darüber hinaus sollten Sie viel Wert auf das Aufwärmen vor dem Sport legen und bei Anzeichen einer Blutung direkt handeln und beispielsweise kühlen sowie bedarfsweise Faktorkonzentrat spritzen.
Die Rücksprache mit Expertinnen und Experten ist auch wichtig, wenn die Gelenke stärker geschädigt sind. Bestimmte Schmerzmittel und Maßnahmen wie Physiotherapie können in solchen Fällen zur Linderung beitragen.
Beschwerden und Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems sind zu einer echten „Volkskrankheit“ geworden. Liegt keine Gerinnungsstörung vor, verordnen Fachärzte häufig gerinnungshemmende Medikamente. Bei Menschen mit Hämophilie gestaltet sich die Therapie etwas schwieriger. Es lassen sich trotzdem gute Lösungen finden.
Eine Möglichkeit kann zum Beispiel sein, die Arzneimittel dennoch zu geben, aber gleichzeitig die Dosierung der Gerinnungsfaktoren entsprechend anzupassen. Ihr Team im Hämophiliezentrum kann Sie hierzu beraten, ggf. gemeinsam mit behandelnden Kardiologen.
Auch in Bezug auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen gilt: Bewegung im Alltag kann helfen, Beschwerden zu vermeiden oder zu lindern. Wer Sport treibt oder zumindest kleine Bewegungseinheiten in den Tagesablauf integriert, ist im wahrsten Sinne des Wortes auf einem guten Weg.
Selbsthilfeorganisationen sind perfekt, um den Austausch mit anderen Betroffenen zu pflegen. In vielen Städten und Gemeinden gibt es auch lokale / regionale Gruppen, in denen man sich treffen kann. Das tut in jeder Lebensphase gut.
Die wichtigsten Informationsquellen hierfür sind sicherlich die Websites der Interessengemeinschaft Hämophiler (IGH) und der Deutschen Hämophiliegesellschaft (DHG). Hier finden Sie auch aktuelle Veranstaltungshinweise, sowohl auf Vor-Ort-Events als auch auf Onlineveranstaltungen. So kann man sich gegenseitig Tipps für den bewegten Alltag geben und vielleicht auch die eine oder andere neue Freundschaft knüpfen.
Glücklicherweise bedeutet Hämophilie heute keine verkürzte Lebenserwartung mehr. Im höheren Alter ist eine Pflegebedürftigkeit – wie bei anderen Menschen auch – natürlich nicht auszuschließen. Pflegekräfte und andere Betreuungspersonen sollten dann umfassend informiert werden. Die aktuelle Medikation, Beschwerden und Infos zu ärztlichen Ansprechpartnern im Hämophiliezentrum sollten gut dokumentiert sein.
In der Regel ist es sinnvoll, wenn ein enger Kontakt der Patient/innen zu „ihrem“ Hämophiliezentrum bestehen bleibt. Darüber hinaus können gegebenenfalls auch die behandelnden Ärzte in der Pflegesituation (z.B. in einer stationären Pflegeeinrichtung) das Faktorkonzentrat spritzen. So bleiben Hämophile immer gut versorgt.