Beruhigt leben mit milder Hämophilie

24. Aug 2022

Milde Hämophilie und andere Schweregrade

Der Begriff „milde Hämophilie“ lässt sich am einfachsten in Abgrenzung zu den anderen Schweregraden der Gerinnungsstörung erläutern.
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick:

FaktoraktivitätSchweregrad der Hämophilie
5 – 50%Leichte bzw. milde Hämophilie
1-5%Mittelschwere Hämophilie
< 1%Schwere Hämophilie

Das Unterscheidungskriterium ist der sogenannte Faktorspiegel der relevanten Gerinnungsfaktoren (Faktor VIII bei der Hämophilie A und der Faktor IX bei der Hämophilie B). Vereinfacht gesagt: Je höher der Faktorspiegel ist, desto stärker sind Sie im Alltag vor Blutungen geschützt. Aus diesem Grunde sind spontane Blutungen, also Blutungen ohne äußere Ursache, bei milder Hämophilie eher die Ausnahme.

Die leichte oder milde Hämophilie ist also die leichteste Form der Hämophilie. Weitere Schweregrade sind die moderate (= mittelschwere) Hämophilie und die schwere Hämophilie.

Wie häufig tritt milde Hämophilie auf?

Sowohl bei Hämophilie A als auch bei Hämophilie B macht die milde Hämophilie circa 27% der Fälle aus.

Bei Hämophilie-A-Patient:innen macht die moderate Hämophilie 19 % aus, von schwerer Hämophilie sind 54 % betroffen.

Bei den Personen mit Hämophilie B haben rund 37% der Betroffenen eine moderate Hämophilie und circa 36% schwere Hämophilie.

Welche Symptome können bei milder Hämophilie auftreten?

Mit der milden Hämophilie können Betroffene in der Regel ein unbeschwertes Leben führen. Dennoch ist es wichtig, die Hämophilie zu erkennen und Risiken richtig einzuschätzen. Die Bezeichnung „mild“ ist vor allem der Tatsache zu verdanken, dass die oben beschriebene Restaktivität bei der milden Hämophilie relativ hoch ist. Sie beträgt mindestens fünf Prozent, oft liegt sie auch über diesem Wert.

Auf folgende Symptome sollten Sie achten, wenn Sie Konduktorin sind oder aus anderen Gründen den Verdacht haben, von milder Hämophilie betroffen zu sein:

  • häufig auftretende blaue Flecke (Hämatome)
  • Neigung zu Schleimhautblutungen (z.B. beim Zähneputzen)
  • Ungewöhnliche Nachblutungen nach Operationen
  • Stärkere / länger anhaltende Blutungen nach Verletzungen

Wichtig: Wenn Sie nicht sicher sind, ob Sie von Hämophilie betroffen sind, sprechen Sie Ihre behandelnde Ärztin / Ihren Arzt (z.B. in der hausärztlichen Praxis) an oder wenden Sie sich direkt an ein Gerinnungszentrum in Ihrer Nähe. Mithilfe von Bluttests lässt sich rasch herausfinden, ob bei Ihnen eine milde Hämophilie oder Hämophilie mit einem anderen Schweregrad vorliegt. Das gilt auch, wenn Sie vermuten, dass Ihr Kind betroffen ist. Auch hier gibt es spezialisierte Gerinnungszentren und erfahrene Kinderärztinnen und Kinderärzte.

So vermeiden Sie akute Gefahrensituationen (zum Beispiel eine unzureichende Versorgung nach einem Unfall) und auch langfristige Gesundheitsschäden.

Darüber hinaus ist das Wissen über Ihre Erkrankung wichtig, damit Sie bei der Auswahl von Medikamenten sicher handeln können. Blutverdünnende Mittel sollten Sie dann tendenziell meiden und (bitte nach Rücksprache mit Ihren Ärzt:innen) ggf. eine Alternative wählen.

Wie wird milde Hämophilie behandelt?

Menschen mit schwerer und moderater Hämophilie nutzen meistens eine regelmäßige Prophylaxebehandlung, um ihren Schutz vor Blutungen zu erhöhen.

Wenn Sie von milder Hämophilie betroffen sind, ist eine solche vorbeugende Behandlung in der Regel nicht notwendig. In den meisten Fällen (je nachdem, welches Faktorlevel bei Ihnen vorliegt und wie viel Blutungsschutz Sie im Alltag brauchen), reicht bei Ihnen eine situationsbezogene Gabe des Faktors aus. Bei Hämophilie A kann auch die Gabe von Minirin® (Desmopressin, kurz DDAVP) ausreichend sein. Diese Substanz regt Ihren Körper dazu an, vorübergehend mehr Faktor VIII freizusetzen, weshalb damit nur ein kurzfristiger Bedarf an höheren Faktorspiegeln abgedeckt werden kann.

Situationen, in denen ein erhöhter Blutungsschutz wichtig ist, sind zum Beispiel:

  • Operationen
  • Verletzungen und Unfälle (bitte führen Sie aus diesem Grund immer Ihren Notfallausweis mit sich)
  • Gelenkbeschwerden bzw. Gelenkblutungen
  • Zahnärztliche Behandlungen, bei denen absehbar Blutungen auftreten werden (z.B. Zahnextraktion)
  • Geburten (kurz nach der Geburt fällt, der zuvor durch die Schwangerschaft erhöhte, Faktorspiegel wieder ab)
  • Periodenblutungen
  • Sportliche oder berufliche Aktivitäten mit erhöhtem Blutungsrisiko sollten mit Spezialisten abgestimmt werden

Hemmkörper als zusätzliches Risiko

Auch bei milder Hämophilie besteht ein geringes Risiko, einen Hemmkörper als Folge der Faktorentherapie zu bilden. Ein Hemmkörper ist ein Antikörper, der gegen den körpereigenen oder auch zugeführten Faktor gerichtet ist. Die Folge ist eine verstärkte Blutungsneigung – auch mit Spontanblutungen. Wenden Sie sich also sofort an Ihr Gerinnungszentrum, wenn Sie plötzlich mehr blaue Flecken bekommen oder für sie unübliche andere Blutungen haben. Auch das ist ein wichtiger Grund dafür, sich schon bei einem Verdacht auf milde Hämophilie (aufgrund der oben genannten Symptome oder weil nahe Verwandte betroffen sind) an Ihre betreuende Praxis oder ein Gerinnungszentrum zu wenden.

Auch mit milder Hämophilie ins Gerinnungszentrum? Unbedingt!

Es gibt wohl keinen Ort, an dem Sie bei Hämophilie (in allen Schweregraden) besser beraten werden als in einem Hämophiliezentrum. Die spezialisierten Ärztinnen, Ärzte und Behandlungsteams sind für Sie da. Sie kennen Ihre persönliche Krankheitsgeschichte, bisherige Beschwerden und die Besonderheiten Ihrer Hämophilie.

Leider werden die möglichen Gefahren einer milden Hämophilie oft unterschätzt, sie ist ja schließlich „mild“. Doch hierdurch kann es zu gefährlichen Situationen kommen, die nicht sein müssten, zum Beispiel bei einer Operation oder einem Unfall. Daher ist der Blutungsschutz auch dann ein wichtiges Thema, wenn Sie im Alltag kaum etwas von Ihrer Hämophilie bemerken.

Nutzen Sie also die Möglichkeit der Betreuung im Hämophilie-Zentrum für Ihre optimale Versorgung, auch bei milder Hämophilie! Aktuelle Kontaktdaten finden Sie im Zentren-Verzeichnis hier auf haemophilie-therapie.de.

Nichts geht über Ihre Sicherheit – das gilt bei allen Schweregraden der Hämophilie!

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