Schmerz lass nach! Ergebnisse des Live-Web-Seminars und der IGH-Schmerzumfrage 2022

17. Jun 2022

Mit Schmerzen haben viele Personen mit Blutungsneigung zu tun. Doch welche Therapiemöglichkeiten es über Medikamente hinaus gibt, ist längst nicht jedem klar. Die Schmerzumfrage 2022 der IGH und das Live-Web-Seminar im Juni 2022 brachten Licht ins Dunkel.

Was hat die IGH-Schmerzumfrage 2022 ergeben?

Als wichtige Patientenorganisation für Gerinnungspatientinnen und -patienten setzt sich die Interessengemeinschaft Hämophiler (IGH e.V.) für eine immer bessere Versorgung ein. Ziel der Befragung war es, mehr über Schmerzhäufigkeit und individuelle Schmerzwahrnehmung zu erfahren sowie den Status Quo der „gelebten Schmerztherapie“ zu betrachten.

Die wichtigsten Erkenntnisse:

  • Zwei Drittel der befragten Personen berichtete von Schmerzen als Folge der/durch ihre Gerinnungsstörung.
  • Rund 45 % gaben an, dass ihr Alltag durch Schmerzen beeinträchtigt sei.
  • Bei der Frage nach den derzeit wichtigsten Ansprechpartner:innen bei Schmerzen wurden insbesondere Ärzt:innen im Gerinnungszentrum sowie Hausärzt:innen genannt. Allerdings gab rund ein Viertel der Betroffenen an, dass sie Thema Schmerzen im Arztgespräch eher auszuklammern, sei es aus Zeitmangel beim Termin oder aus anderen Gründen.
  • Fast 70 % der betroffenen Patient:innen mit Hämophilie und Von-Willebrand-Syndrom nutzen Medikamente, um ihre Schmerzen in den Griff zu bekommen. Nur rund 40 % greifen auf weitere Unterstützung zurück und nutzen beispielsweise Physiotherapie oder Hilfsmittel, um Schmerzzustände zu lindern.
  • 60 % der Befragten wünschen sich eine bessere Unterstützung im Bereich der Schmerztherapie.

Hier können Sie alle Ergebnisse der Schmerzumfrage herunterladen.

Patientenbedürfnisse sollten sich im Beratungs- und Therapieangebot widerspiegeln

Die Ergebnisse der IGH-Schmerzumfrage führten zu angeregten Diskussionen unter den Expert:innen. Eine Erkenntnis kristallisierte sich dabei klar heraus: Es gilt, die Wege zur passenden Schmerztherapie noch einfacher zu machen. Dazu zählt beispielsweise, den Dialog zu suchen, das Thema Schmerzen im Gerinnungszentrum und an anderen Anlaufstellen stärker zu thematisieren und den Zugang zu den unterschiedlichen Therapien zu vereinfachen.

So wird der Griff zum klassischen Schmerzmedikament („Paracetamol sollte nicht unbedingt die erste Wahl sein“) nicht zum Automatismus und es ergibt sich ein sinnvolles Zusammenspiel zwischen klassischen und neuen Methoden der Schmerzprävention und -behandlung.

Eine moderne Schmerztherapie hat den Patienten individuell im Blick und kann in vielfältiger Weise Medikamente ergänzen oder gar ersetzen.

  • Methoden wie Atemübungen, Hypnose und Autosuggestion können hilfreich sein, denn „das wichtigste Organ bei der Schmerzbewältigung ist das Gehirn“. Die Korrelationen zwischen organischen Schäden und Schmerzen sei nicht sehr hoch, da viele Aspekte eine Rolle spielen. Bei chronischen Schmerzen ist fast immer das Schmerzgedächtnis beteiligt.
  • Auch können hohe Faktordosen Entzündungsprozesse unterbrechen,
  • regelmäßige Elektrotherapie mit Tens-Geräten lindernd wirken und
  • eine wichtige, auch vorbeugende Rolle, spielt Bewegung.

Was dem Einzelnen hilft, wird im Idealfall gemeinsam nach den Bedürfnissen der Betroffenen und der ärztlichen Einschätzung abgestimmt und im Alltag getestet.

Ein weiterer wichtiger Diskussionspunkt: Kann der gezielte Einsatz von medizinischem Cannabis eine gute Ergänzung zur klassischen Schmerztherapie sein, insbesondere, wenn das Schmerzgedächtnis beteiligt ist? Zurzeit sind die Hürden für eine Kostenübernahme durch die Krankenkassen hoch und ein Antrag sehr aufwändig zu stellen. Interessierte können sich aber informieren und die Cannabis-Therapie gegebenenfalls selbst finanzieren, wenn ein entsprechendes Rezept vorliegt. Weitere Informationen hierzu geben u.a. der Bund deutscher Cannabis-Patienten e.V. sowie spezialisierte Apotheken.

Die Expertinnen und Experten beim Live-Web-Seminar

Wichtige Themen bedürfen erfahrener Expert:innen. Daher war es besonders wertvoll, dass wir für das Live-Web-Seminar folgende Spezialist:innen gewinnen konnten:

  • Prof. Dr. med. Johannes Oldenburg, Facharzt für Transfusionsmedizin, Hämostaseologie, Medizinische Genetik und Direktor des Instituts für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin (IHT) am Universitätsklinikum Bonn
  • Dr. med. Georg Goldmann, Facharzt für Transfusionsmedizin, Hämostaseologie und Oberarzt am Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin (IHT) am Universitätsklinikum Bonn
  • Dr. med. Susan Halimeh, Fachärztin für Transfusionsmedizin, Hämostaseologie, Kinder- und Jugendmedizin im Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr (GZRR)
  • Elisabeth Schulze Schleithoff, Diplompsychologin, Diplompädagogin, Psychologische Psychotherapeutin
  • Marc Rosenthal, Physiotherapeut und Therapeut für manuelle Therapie im Gerinnungszentrum Rhein-Ruhr (GZRR)
  • Dr. rer. nat. Dennis Stracke, Leiter der Abteilung Neurologie & Seltene Erkrankungen der MediosApotheke an der Charité und Gründungsmitglied des VCA, dem Verband der Cannabis versorgenden Apotheken in Deutschland (dem Seminar online zugeschaltet)

Hier können Sie sich das komplette Live-Web-Seminar als Videoaufzeichnung ansehen.

Noch Fragen? Sprechen Sie Ihre Expert:innen im Hämophiliezentrum an.

Die beste Schmerztherapie ist eine, die auf Ihre Erkrankung und auch auf Ihre individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist. Daher sind Ihre Behandler:innen im Hämophiliezentrum die besten Ansprechpartner:innen zum Thema Schmerzen bei Gerinnungsstörungen.

Zentren in Ihrer Nähe finden Sie im Zentren-Verzeichnis hier auf haemophilie-therapie.de.

In angeregter Diskussion: Marc Rosenthal, Elisabeth Schulze Schleithoff, Dr. Georg Goldmann, Dr. Susan Halimeh, Prof. Johannes Oldenburg und Dr. Dennis Stracke (zugeschaltet aus Berlin, nicht im Bild)
In angeregter Diskussion: Marc Rosenthal, Elisabeth Schulze Schleithoff, Dr. Georg Goldmann, Dr. Susan Halimeh, Prof. Johannes Oldenburg und Dr. Dennis Stracke (zugeschaltet aus Berlin, nicht im Bild)

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